Die Schweiz konzentriert ihre internationale tourismuspolitische Zusammenarbeit auf die multilaterale Ebene. Hierbei spielt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD eine wichtige Rolle. Im Rahmen des OECD-Tourismus-Komitees, das sich zwei Mal im Jahr in Paris trifft, werden strategische Themen zum Tourismus auf internationaler Ebene untersucht und besprochen. Am 24. und 25. Oktober 2024 war es wieder so weit: Die Schweiz nahm am 114. Treffen des OECD-Tourismus-Komitees teil. Und wie immer hat sich die Teilnahme überaus gelohnt – neue Erkenntnisse wurden gewonnen und das internationale Beziehungsnetz konnte aufgefrischt werden.

Klimaschutz als wichtigstes Thema

Inhaltlich dominierten während den zwei Tagen in Paris die beiden Themen nachhaltige Entwicklung und digitale Transformation. Bei der nachhaltigen Entwicklung drehten sich die Diskussionen vor allem darum, wie der Tourismussektor dazu beitragen kann, die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, insbesondere durch Klimaschutzmassnahmen. Der Tourismussektor verursacht weltweit ca. 8 Prozent der CO2-Emissionen, was eine grosse Verantwortung mit sich bringt, die Dekarbonisierung voranzutreiben. Grösste Herausforderung ist und bleibt dabei der Flugverkehr, wo nach wie vor viele Fragen offen sind, wie die bis 2050 angestrebte vollständige Dekarbonisierung erreicht werden kann. Neben der Dekarbonisierung bleibt auch die Anpassung des Tourismussektors an den Klimawandel ein Top-Thema. Die Diskussionen in Paris zeigten, dass unter den Tourismusverantwortlichen die klimabedingt zunehmenden Naturgefahren ein immer grösseres Thema werden. Hier braucht es auf allen Staatsebenen eine engere Zusammenarbeit über den Tourismussektor hinaus. Zweites viel diskutiertes Thema war die Anpassungsnotwendigkeit aufgrund immer kürzerer Winter und der steigenden Schneefallgrenze. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO ist im Rahmen der Tourismuspolitik hier sehr engagiert und stellt vorhandenes Wissen und Erfahrung auf internationaler Ebene proaktiv zur Verfügung. Gleichzeitig profitieren wir im Rahmen der OECD auch vom vorhandenen Knowhow in ähnlich betroffenen Ländern wie etwa Österreich oder Frankreich.

Herausforderung «Overtourisme»: Der Sicht der einheimischen Bevölkerung soll grössere Beachtung zukommen. © Serhii Ivashchuk, Shutterstock

Overtourism wird wichtiger

Auffallend war am Treffen in Paris, dass Overtourism von immer mehr Ländern als eine der wichtigsten Herausforderungen im Tourismus angesehen wird. Damit rückt die gesellschaftliche Dimension der nachhaltigen Entwicklung zunehmend ins Zentrum des Interesses. Diskutiert wurde in Paris, wie dem Overtourism am besten begegnet werden kann und wie eine ausgewogene touristische Entwicklung ermöglicht werden kann. Einig waren sich die Teilnehmenden, dass der lokalen Bevölkerung eine grössere Beachtung geschenkt werden muss. Um die Meinungen der Einheimischen zum Tourismus besser zu kennen, werden in immer mehr Ländern spezifische Bevölkerungsbefragungen durchgeführt. Auch in der Schweiz wurde im laufenden Jahr von Schweiz Tourismus zum ersten Male ein Bevölkerungsbefragung durchgeführt, um die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zum Tourismus besser zu verstehen. Als Erkenntnis aus den Diskussionen im Kontext des OECD-Tourismus-Komitees lässt sich für die Schweiz schliessen, dass es sinnvoll sein dürfte, es nicht bei dieser einmaligen Befragung von Schweiz Tourismus zu belassen, sondern zukünftig ein eigentliches Monitoring der Einstellung der Schweizer Wohnbevölkerung zum Tourismus aufzubauen.

KI verändert den Tourismussektor

Neben der nachhaltigen Entwicklung dominierte in Paris mindestens ebenso die digitale Transformation die Diskussionen. Die Bewältigung des digitalen Wandels durch die Tourismusunternehmen wird nach wie vor als sehr grosse Herausforderung angesehen. Aktuell ist es vor allem die Künstliche Intelligenz, welche neue Fragen aufwirft und den Tourismussektor in den kommenden Jahren fundamental verändern dürfte. Stark diskutiert wurde auch, dass der Umgang mit Daten im Tourismus eine Herausforderung bleibt. Es werden unzählige touristische Daten erhoben, häufig fehlt es aber am Wissen und an den Methoden, um mit den vorhandenen Daten die eigenen Geschäftsmodelle sinnvoll weiterzuentwickeln. Die Datenkompetenzen unter den touristischen Akteuren zu verbessern, wurde denn auch in Paris allgemein als tourismuspolitische Priorität erkannt. Dies trifft auch für die Schweiz zu, wo der Umgang mit Daten seit Jahren im Tourismus ein intensiv diskutiertes Thema darstellt. Ein Hindernis für eine intensivere Datennutzung – fehlende Datenstandards – wird erfreulicherweise nun angegangen. Wichtige Akteure aus dem Schweizer Tourismus haben sich dieses Jahr in einer Deklaration zur Erarbeitung gemeinsamer Datenstandards bekannt. Es ist zu hoffen, dass das im Schweizer Tourismus eine Initialzündung für mehr Kooperation und gemeinsame Initiativen im Datenbereich darstellt. Das SECO unterstützt entsprechende Bemühungen sehr gerne über seine tourismuspolitischen Förderinstrumente.

Text: Richard Kämpf, Leiter Ressort Tourismuspolitik
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO / www.seco.admin.ch