Bis zur Pandemie ritten Shared Apartments auf einer unglaublichen Erfolgswelle. Airbnb stand ursprünglich für «Airbed and Breakfast» – und bekanntlich ist es nicht bei der Luftmatratze geblieben. Mittlerweile wird der Börsenwert des Unternehmens auf 66 Milliarden Dollar geschätzt. Im Zuge dieses Erfolges richteten Shared Apartments vermehrt den Fokus auf den lukrativen Geschäftsreisemarkt. Tatsächlich wünschten sich viele Business Traveller zunehmend alternativ gestaltete Unterkünfte, authentische Erlebnisse und Insidertipps der Locals. Der Marktführer Airbnb lancierte 2014 «Airbnb for Business» mit vielen integrierten Tools, um den Firmen Flexibilität, Transparenz oder zentralisierte Abrechnungen zu ermöglichen. Bis 2019 hatten sich 250’000 Firmen aus rund 180 Ländern darauf registriert. Alsdann machten Geschäftsreisende bei Airbnb 10 Prozent aus, der Anteil beim Mitbewerber Wimdu betrug  8 Prozent. Während die Expedia Group in den Markt einstieg und Airbnb kontinuierlich in Business Travel investierte, wurde Homesharing für Geschäftsreisende bei Wimdu eher zum Nischenprodukt.

Ende der Erfolgswelle?

Dann kam die Pandemie. Sich auf einer Geschäftsreise die Wohnung eines Fremden zu teilen oder zu mieten, schien plötzlich als komplett undenkbar. Und jetzt? Wimdu und der globale Big Player Expedia hüllen sich betreffend der Entwicklung von Geschäftsreisen auf Anfrage in Schweigen.

Eine Frau betrachtet auf Airbnb
Airbnb verzeichnete im dritten Quartal 2022 deutlich mehr Aufenthalte von einem Monat oder länger. © Shutterstock

Einzig Airbnb gibt Auskunft: «Wir beobachten, dass die Grenzen zwischen Arbeiten, Reisen und Freizeit zunehmend verschwimmen», lässt Katrin Drebelow, Policy & Corporate Communications Specialist bei Airbnb, die Eventemotion wissen. Zudem stelle Airbnb fest, dass die Aufenthalte markant länger würden: «Im dritten Quartal 2022 waren 20 Prozent der auf unserer Plattform gebuchten Übernachtungen Aufenthalte von einem Monat oder länger.» Der Trend hin zu Workation ist bekannt – interessant wäre hingegen, wie sich «Airbnb for Business» entwickelt hat. Zu «Airbnb for Work», wie das Tool heute heisst, nahm Airbnb auf Nachfrage keine Stellung – man könne weder Entwicklungen noch Zahlen kommunizieren. Insgesamt macht es den Anschein, als sei die Erfolgswelle des Business Travels bei den Shared Apartments ziemlich verebbt.

Schweizer Erfolgsstory

Ganz anders die Situation bei den Serviced Apartments. Beim Schweizer Unternehmen Visionapartments werden Auskünfte noch so gerne erteilt. Kein Wunder: Das Unternehmen hatte während der Pandemie nicht nur Gewinn erzielt, sondern gar noch expandiert. Da reibt man sich verwundert die Augen. Ein Vorteil: Das Unternehmen setzt voll auf Firmenkunden und ist nicht auf Leisure-Reisende angewiesen – sie machen lediglich 10 Prozent der Buchungen aus. «Unsere nationalen und internationalen Geschäftskunden wie MitarbeiterInnen von Credit Suisse, Google oder UBS sind Langzeitmieter mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von über einem Monat», Anja Graf, Group CEO & Chairwoman von Visionapartments. Selbst auf dem Höhepunkt der Pandemie fiel die durchschnittliche Auslastung nicht unter 55 Prozent.

Liegenschaften in ganz Europa

Da das Unternehmen seine eigenen Immobilien bewirtschaftet, hatte es einen entscheidenden Vorteil: «Als Mieter ist man äusseren Umständen wie der Coronakrise brutal ausgeliefert, doch mit unserer Whole-Chain-Management-Strategie waren wir besser aufgestellt. Wir haben nichts ausgelagert – vom Cleaning über Operations und Sales bis hin zu Logistics und Support findet bei uns alles inhouse statt.» In Zug, Genf sowie weiteren Liegenschaften blieben die Gästezahlen derweil immer hoch. Auch in Saint-Sulpice, direkt neben den Universitäten EPFL und UNIL, seien die Apartments selbst während der Coronakrise stets ausgebucht gewesen. Im Portfolio befinden sich insgesamt 33 Liegenschaften mit über 2000 Apartments in der Schweiz, Deutschland und weiteren europäischen Ländern.

Business Meeting
Shared Apartments bieten oft die Möglichkeit zum entspannten Arbeiten oder Austauschen. © Shutterstock

In der Coronakrise expandiert

Die Krise führte dazu, dass Häuser zum Verkauf standen, die ansonsten gar nicht auf dem Markt wären. Ein Glücksfall für Visionapartments, da das Unternehmen über genügend finanzielle Mittel verfügte, nicht auf Investoren angewiesen war und so auf Einkaufstour gehen konnte. «Unser Kaufmodus ist in der Tat antizyklisch – während der Coronakrise haben wir expandiert und sechs neue Immobilien gekauft», sagt Graf. In Zürich wurden zwei ehemalige Hotels gekauft, wovon eines bereits geöffnet ist und das zweite 2024 umgebaut wird. Ebenfalls kamen in Zug zwei neue Objekte hinzu. Zwei IBIS Styles Hotels wurden zudem in Genf und in Bukarest ein ehemaliges Ramada Hotel akquiriert.

Mehr als nur ein Zimmer

Bei Visionsapartments wird nicht «nur» ein Zimmer angeboten: «Dies liegt nicht mehr im Trend. Deshalb entwickelten wir unser eigenes Gastro-Konzept namens La Lup», führt Graf aus. Die Idee dahinter: Das Bistro ist quasi eine «Wohnstube», wo die Kunden sich entspannt aufhalten oder arbeiten können. Der Bar-Mitarbeiter ist auch eine Art Receptionist, gibt Auskünfte und Empfehlungen. «Wir nennen dieses Konzept einen Extended livingroom service – eine Kombination aus Rezeption, Bistro und Wohnzimmer.» Zu geniessen gibt es ein umfassendes kulinarisches Angebot, bestehend aus feinem Kaffee, kühlen Drinks und Cocktails, wie auch beliebte und gesunde Gerichte wie Quesadillas, Salat Bowls, Currys und Suppen. Die beiden Pilotprojekte in Zürich erwiesen sich als Erfolg, nun folgen die Lokalitäten in Genf und Basel, anschliessend wird das Konzept auf andere Standorte erweitert. «Somit wird es für die Firmen möglich sein, zum Aufenthalt ein Verpflegungs-Package zum üblichen Frühstück zu buchen – ein Vorteil weiterer gegenüber unseren Mitbewerbern.»

Längerer Aufenthalt = ökologischer

Dank der Effizienz und einfachen Nutzung von digitaler Software für virtuelle Treffen, den Einsparungen bei den Fixkosten und nicht zuletzt der Reduzierung der CO2-Emissionen geben viele Firmen an, vermehrt auf Geschäftsreisen verzichten. Das kann Anja Graf nicht bestätigen: «Unsere Auslastungszahlen zeigen, dass sich das Buchungsverhalten nicht signifikant verändert hat.» Digitale Tools seien wunderbar, doch gewisse Projekte könne man schlicht nicht aus der Distanz erledigen, sondern es brauche Meetings vor Ort. «So macht es Sinn, für aufwändige Projekte einen Mitarbeitenden einen Monat lang bei Visionapartments einzuquartieren, anstelle ihn permanent hin und her fliegen zu lassen – das ist auch viel ökologischer.»

Alte Frau am Laptop
Die Kunden von Visionapartments sind Langzeitmieter. © Shutterstock

Buchungsplattform Acomodeo

Visionapartments vermietet jedoch nicht nur Apartments in den eigenen Häuser, sondern hat auch vor zwei Jahren die Buchungsplattform «Acomodeo» gekauft. Dabei handelt es sich um eine reine B2B-Plattform, welche über 1,8 Millionen Business-Apartments weltweit verfügbar und live buchbar macht. Ein solches Buchungstool für Corporates enthält sämtliche Annehmlichkeiten und nachgelagerte Prozesse wie Statistiken, Reportings und Abrechnungen. Acomodeo kann aber noch mehr, denn die Technologie dahinter wird zusätzlich als sogenannte White-Label-Lösung vertrieben und so bei diversen Firmenkunden als inhouse Buchungsplattform angebunden. Dadurch können zum Beispiel Zalando- oder Audi-Mitarbeiter selbst – ohne die Hilfe eines Travel Managers – weltweit entsprechende Apartments samt hinterlegten Special Rates zentralisiert buchen.

«Sky is the limit»

Visionapartments will aber noch höher hinaus. «Wir wollen unsere Position auf globaler Ebene weiter stärken. Mit der Akquisition von Acomodeo befinden wir uns auf dem richtigen Weg», zeigt sich Graf ambitioniert. Momentan beläuft sich der Umsatz von Acomodeo auf 20 Millionen Franken, das Ziel bis Ende Jahr sind 100 Millionen Franken. «In zwei bis drei Jahren planen wird zudem, mit der Buchungsplattform Acomodeo an die Börse gehen. » Visionapartments macht bisher 40 Millionen Franken Umsatz – Acomodeo nicht mit eingerechnet. «Für 2023 rechnen wir mit einem Umsatz von 65 Millionen Franken», sagt Anja Graf. Offensichtlich ist bei Visionapartments längst noch nicht das letzte Kapitel geschrieben.

www.visionapartments.com
www.acmodeo.com

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