Zukünftig soll die Nachfrage nicht nur gefördert, sondern gefördert und gelenkt werden. Die Nachfrage soll besser über das Jahr und gleichmässiger über die ganze Schweiz verteilt werden. Hierbei spielen einerseits die Fernmärkte sowie andererseits die Produktentwicklung eine wichtige Rolle.

Rekordwerte für den Schweizer Tourismus

Der Schweizer Tourismus ist erfolgreich unterwegs. Im Jahr 2023 erreichte die Zahl der Hotelübernachtungen mit fast 42 Mio. einen historischen Allzeitrekordwert. Innert nur zwei Jahren konnte die Covid-19 Krise überwunden werden, die Hotelübernachtungen lagen 2023 um nicht weniger als 5,6 Prozent über dem Wert von 2019. Und auch die Perspektiven für die kommenden Jahre sind erfreulich. Für 2024 und die kommenden Jahre sind weitere Rekordwerte für den Schweizer Tourismus zu erwarten. Reihum ist die wiedergewonnene Zuversicht greifbar, die Touristiker schauen optimistisch in die Zukunft und investieren kräftig in die Steigerung von Qualität und Attraktivität des Angebots.

Overtourism vermeiden dank Nachfragelenkung

Mit dem eindrücklichen Wachstum der touristischen Nachfrage rücken neue Themen auf die tourismuspolitische Agenda. Insbesondere ist davon auszugehen, dass zukünftig die Thematik des Overtourism an Bedeutung gewinnen wird. Grundsätzlich kann die touristische Infrastruktur in der Schweiz die wachsende Nachfrage gut auffangen, so waren die verfügbaren Hotelbetten im Rekordjahr 2023 übers ganze Jahr gesehen «nur» zu 55 Prozent ausgelastet. Trotzdem kommt es an Spitzentagen und an einzelnen Orten zu Situationen mit grossen Besucheransammlungen. Was ist zu tun? Das Stichwort ist Nachfragelenkung. Indem die touristische Nachfrage besser übers ganze Jahr und gleichmässiger über die ganze Schweiz verteilt wird, können Risiken des Overtourism vermieden bzw. reduziert werden.

Das Risiko des Overtourism soll vermieden werden. © Shutterstock

Fernmärkte sind wichtig für den Ganzjahrestourismus

Von grosser Bedeutung sind dabei die Fernmärkte. Die Gäste aus Fernmärkten wie etwa Indien oder Ländern aus Südostasien besuchen die Schweiz typischerweise in den traditionellen Schweizer Nebensaisonmonaten. Dies hilft den Ganzjahrestourismus zu entwickeln und entlastet die Hochsaisons. Das ist einer der Gründe, weshalb die Bearbeitung der Fernmärkte wichtig ist. Die nationale Politik hat dies bestätigt, indem ein Vorstoss, welcher aus Gründen des Klimaschutzes die Verwendung des Bundesbeitrages an die nationale Tourismusmarketing Organisation Schweiz Tourismus auf die Bearbeitung des Heim- und der Nahmärkte beschränken wollte (Motion Clivaz 22.3788), in der vor kurzem zu Ende gegangenen Frühlingssession vom Nationalrat deutlich abgelehnt worden ist. Selbstverständlich gilt es auch bei der Bearbeitung der Fernmärkte auf die CO2-Bilanz der Gäste zu achten. Eine Stossrichtung hierzu ist die Verlängerung der Aufenthaltsdauer, was die CO2-Bilanz pro generierter Übernachtung verbessert.

Gleichmässigere Verteilung über die ganze Schweiz ist eine Herausforderung

Die touristische Nachfrage ist heute in der Schweiz sehr unterschiedlich verteilt. So entfallen auf die zehn wichtigsten Gemeinden rund ein Drittel der Hotelübernachtungen. Hierzu gehören die auf den Geschäftstourismus ausgerichteten grossen Städte der Schweiz sowie auf den globalen Ferientourismus ausgerichtete alpine Top-Destinationen. Die touristische Nachfrage gleichmässiger über die ganze Schweiz zu verteilen ist nicht einfach, denn es ist kein Zufall welche Destinationen heute am meisten besucht werden. Es sind diejenigen Destinationen, die insgesamt über das attraktivste touristische Angebot verfügen. Hinzu kommt bei den Städten schlicht und einfach deren Grösse und damit zusammenhängend deren Wirtschaftsstrukturen, was für die Nachfrage im Geschäftstourismus entscheidend sind.

Für eine gleichmässige Verteilung braucht es genügend touristische Infrastruktur. © Shutterstock

Attraktives touristisches Angebot ist Voraussetzung

Eine wichtige Rolle zur gleichmässigeren Verteilung der touristischen Nachfrage über die ganze Schweiz spielt die Entwicklung der touristischen Infrastrukturen und Angebote. Nur wenn auch die kleineren und häufig peripher gelegenen Destinationen über eine genügend attraktive touristische Infrastruktur – insbesondere in der Hotellerie – sowie über ein attraktives touristisches Angebot – z.B. einen Seilpark oder Biketrails – verfügen, lässt sich die touristische Nachfrage in diesen Destinationen nachhaltig steigern. Die Tourismuspolitik des Bundes fördert diesbezügliche Investitionen und Projekte denn auch gezielt über ihre Förderinstrumente.

Vermarktung weniger frequentierter Destinationen

Zur Förderung einer gleichmässigeren Verteilung der Nachfrage gehört auch, die häufig zu wenig bekannten touristischen Angebote in den weniger frequentierten Regionen und Destinationen besser bekannt zu machen. Dies gilt insbesondere auch für den Heimmarkt Schweiz selber, wo es darum geht, den Schweizerinnen und Schweizern die touristische Vielfalt der Schweiz bewusster zu machen. Dabei kann auf den mit Covid-19 gemachten Erfahrungen aufgebaut werden, führte doch die Pandemie dazu, dass viele Schweizerinnen und Schweizer ihr Land neu entdeckten, insbesondere auch über die Sprachgrenzen hinweg. Dies zeigt sich auch darin, dass 2023 die Übernachtungszahlen von Schweizer Gästen in der Hotellerie immer noch gut 16 Prozent über dem Wert von 2019 lagen.

Fördern und lenken

Für eine erfolgreiche Entwicklung der Tourismuslandes Schweiz braucht es also in Zukunft neben der Nachfrageförderung auch eine gezielte Lenkung der Besucherströme. Die Kunst wird es sein, sowohl Nachfrageförderung als auch Besucherlenkung zu betreiben und beides gut aufeinander abzustimmen.

Text: Richard Kämpf, Leiter Ressort Tourismuspolitik
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO

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