Dem Schweizer Tourismus ist in den vergangenen Jahren eine verstärkte Wahrnehmung seitens der nationalen Politik zugekommen. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man die Anzahl eingereichter sowie die Anzahl der vom Parlament überwiesener Vorstösse zum Thema Tourismus anschaut, welche beide deutlich zugenommen haben.

Was sind die Gründe für diese gesteigerte Wahrnehmung des Tourismus? Hauptgrund ist sicher die Corona-Krise. Der Tourismussektor war neben dem Kultur- und Sportbereich der wohl am stärksten von der Corona-Krise betroffene Sektor, wobei insbesondere die Gastronomie und die Reisebürobranche massiv unter den Einschränkungen gelitten haben. In der Bewältigung der Krise wurde offensichtlich, dass der Tourismus nur als System funktioniert. Hätte man beispielsweise die Skigebiete geschlossen, wäre das nicht nur für die Bergbahnen, sondern für alle touristischen Anbieter in den alpinen Destinationen eine wirtschaftliche Katastrophe gewesen.

Geeint statt verzettelt

Die Systemabhängigkeiten im Tourismus wurden während der Krise so offensichtlich, dass sie bis zuoberst in der nationalen Politik erkannt wurden. So gab es während der Krise zum Beispiel nicht weniger als fünf Tourismusgipfel, geleitet von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga im Jahr 2020 und von Bundespräsident Guy Parmelin im Jahr 2021. Vor der Corona-Krise gab es diese Art von Tourismusgipfeln nicht.

Ein zweiter Grund für die verbesserte Wahrnehmung des Tourismus auf nationaler Ebene ist darin zu suchen, dass sich die Tourismusakteure besser organisiert haben. Schon vor der Corona Krise wurde ein Prozess gestartet, die bis anhin häufig stark verzettelt auftretenden Akteure aus den Subbranchen des Tourismus unter dem Dach des Schweizerischen Tourismus Verbandes STV zu einen, um gemeinsam mit einer Stimme auf der nationalen Bühne aufzutreten. Diese Bemühungen waren erfolgreich und mit der heute unter dem Dach des STV auftretenden Tourismus Allianz hat der Schweizer Tourismus eine starke Stimme erhalten. Dass die Vorteile der Tourismus Allianz von den touristischen Akteuren selbst erkannt worden sind, zeigt sich unter anderem daran, dass Organisationen wie Zoo Schweiz oder der Schweizerische Alpen Club SAC heute Kernmitglieder der Tourismus Allianz sind.

Tourismus
Hauptgrund der gesteigerten Wahrnehmung für den Tourismus ist die Coronapandemie. © Shutterstock, Michael Derrer Fuchs

Politische Vorstösse nehmen zu

Was sind nun aber die konkreten Auswirkungen der mit der Corona-Krise und dem Aufbau der Tourismus Allianz zusammenhängenden verstärkten Wahrnehmung des Tourismus? Eine der Konsequenzen dürfte die deutlich gestiegene Anzahl der im Ständerat und im Nationalrat in den letzten Jahren eingereichten Vorstösse zum Tourismus sein. Seit 2019 wurden elf Vorstösse eingereicht, die touristische Themen direkt adressieren und bei denen das für die Tourismuspolitik verantwortliche Staatssekretariat für Wirtschaft SECO zuständig ist. Das ist eine ausserordentlich hohe Anzahl. Hinzu kommen weitere Vorstösse mit Bezug zum Tourismus, bei denen die Zuständigkeit bei anderen Bundesämtern liegt.

Von den elf Vorstössen, die in die Zuständigkeit des SECO fallen, wurden bislang drei Vorstösse vom Parlament angenommen. Das bedeutet, dass der Bundesrat beauftragt worden ist, diese umzusetzen. Vier Vorstösse wurden vom Parlament abgelehnt und sind somit erledigt. Bei den restlichen vier Vorstössen ist die parlamentarische Beratung noch nicht abgeschlossen oder hat noch nicht begonnen.

SECO arbeitet an Umsetzung

Wenn das Parlament einen Vorstoss an den Bundesrat zur Umsetzung überwiesen hat, beginnt für die zuständigen Bundesstellen die Umsetzungsarbeit. Entsprechend ist das für die Tourismuspolitik zuständige SECO zurzeit intensiv mit der Umsetzung der drei vom Parlament überwiesenen Vorstösse zum Tourismus beschäftigt.

Erstens ist das SECO daran, das Recovery Programm für den Schweizer Tourismus 2022–2026 umzusetzen, wofür insgesamt 60 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Mit dem Recovery Programm wird der Schweizer Tourismus gezielt während der Erholungsphase von der Corona-Krise unterstützt. Der Bundesrat hat das Programm im September 2021 beschlossen und erfüllt damit ein Anliegen des Neuenburger FDP-Nationalrats Damian Cottier, der mit seiner vom Parlament im Juni 2022 angenommenen Motion ein Unterstützungsprogramm für den Schweizer Tourismus fordert.

Start Impulsprogramm 2025

Bereits im September 2021 hat das Parlament eine Motion des Berner SP-Ständerats Hans Stöckli überwiesen, mit dem der Bundesrat aufgefordert wird, eine Impulsprogramm zur energetisch vorbildlichen Sanierung von Beherbergungsbetrieben im Alpenraum zu lancieren. Das SECO arbeitet intensiv an der Umsetzung dieses Anliegens. Es ist vorgesehen, dass ein entsprechendes Impulsprogramm im Jahr 2025 gestartet werden kann. Eine frühere Lancierung ist aufgrund der für den Gesetzgebungsprozess benötigten Zeit nicht möglich. Und drittens beginnen in den kommenden Monaten beim SECO die Umsetzungsarbeiten einer zweiten Motion von Ständerat Hans Stöckli, mit der im Rahmen des Innovationsförderinstruments Innotour die dauerhafte Unterstützung von Innovations- und Kooperationsprojekten im Schweizer Tourismus durch den Bund gefordert wird, sofern es sich dabei um Digitalisierungs- oder Nachhaltigkeitsthemen handelt. Auch mit der Umsetzung dieser Motion wird sich die Tourismuspolitik des Bundes in Zukunft substanziell weiterentwickeln.

Verstärkte Wahrnehmung als Chance

Die geschilderten Zusammenhänge und Abläufe in der nationalen Politik machen deutlich, dass es eine grosse Rolle spielt, wie der Tourismus auf nationaler Ebene wahrgenommen wird. Die diesbezügliche Entwicklung in den letzten Jahren ist insgesamt als Chance für den Schweizer Tourismus zu werten. Die Tourismusakteure tun vor diesem Hintergrund gut daran, auch weiterhin an einer starken und positiv geprägten Wahrnehmung ihres Sektors zu arbeiten.

www.seco.admin.ch

Richard Kämpf, Leiter Ressort Tourismuspolitik,
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO