Herr Meier, der Fachkräftemangel betrifft besonders auch die Hotelbranche. Was tut Hotellerie Suisse dafür, dass mehr junge Menschen einsteigen?

Der Fachkräftemangel betrifft viele Branchen. An der Hotelbranche wird immer wieder bemängelt, dass die Löhne über das Berufsleben gesehen zu wenig steigen, und dass die Arbeitszeiten unregelmässig sind. Seit vier Jahren sensibilisieren wir unsere Mitglieder mit der Initiative «Future Hospitality»: Sie sollen die Aus- und Weiterbildung fördern, zeitgemässe Führungsstrukturen aufbauen, die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Weiterbildung verbessern, das Vergütungssystem anpassen, an den Rahmenbedingungen arbeiten und Potenziale erschliessen – beispielsweise ältere Mitarbeitende oder Menschen mit Behinderungen einstellen.

Sie haben den Lohn angesprochen. Haben die ArbeitgeberInnen hier viel Spielraum?

Derzeit ist es ein Arbeitnehmermarkt. Das drückt automatisch die Löhne in die Höhe. Aber die Margen in der Hotellerie und im Tourismus sind nicht exorbitant. Wichtig ist, dass wir gute Einstiegslöhne zahlen: Der Mindestlohn liegt beim Berufseinstieg bei mindestens 4300 Franken im Monat. Gleichzeitig ist aber auch die Wertschätzung zentral. Hier können die Betriebe ansetzen und einen guten Umgang sowie einen partizipativen Führungsstil pflegen. Auch neue Arbeitsmodelle müssen angedacht werden, sodass Arbeitnehmende beispielsweise drei Tage am Stück frei haben.

Welche Hürden muss man überwinden, damit sich mehr junge Menschen für die Hotelbranche begeistern?

Die Hotellerie bietet unglaubliche Trümpfe: Das Personal ist im direkten Austausch mit den Gästen. Die Angestellten bieten mit ihrem Service ein schönes Produkt, das ist unglaublich positiv. Die Kehrseite ist natürlich, dass dies Arbeit über die Mittagszeit, abends und an den Wochenenden bedingt. Das kann man nicht wegdiskutieren. Die Betriebe können aber schauen, dass der Arbeitstag nicht zerstückelt wird, sodass die Arbeit nicht frühmorgens beginnt und bis spät in die Nacht dauert. Das bedingt ein neues Denken – für kleinere Betriebe bedeutet es vielleicht eine Kooperation mit einem anderen Betrieb. Und einige Arbeiten können weiter digitalisiert und automatisiert werden. So ist es fraglich, ob die Rezeption immer besetzt sein muss; vielleicht ist ein Self-Check-in möglich.

Hat die Pandemie die Suche nach Lernenden noch schwieriger gemacht?

Der Fachkräftemangel in der Hotelbranche bestand bereits vor der Pandemie, doch hat er sich nun akzentuiert. Durch die Einschränkungen und die drohenden Schliessungen haben wir das Stigma einer unsicheren Branche erhalten. Darum haben Angestellte in vermeintlich sicherere Berufe gewechselt. Auch jetzt, mit der drohenden Energiemangellage, spricht der Bundesrat davon, Einschränkungen als erstes in der Tourismusbranche umzusetzen. Das zementiert das Bild einer unsicheren Branche.

Wie hat sich das Bild der Hotelbranche in den letzten Jahren geändert?

Während der Lockdowns haben die Gäste den Wert der Hotellerie und der Gastronomie entdeckt. Viele haben erlebt, wie gut es tut, in einem Hotel ausspannen zu können. Das Bewusstsein, welchen Service wir erbringen, wurde geschärft, als wir unser Angebot einschränken mussten und Restaurants geschlossen wurden. Davon können wir zehren. Wir hatten auch dieses Jahr überdurchschnittlich viele Schweizer Gäste. Sie haben während der Pandemie unseren guten Service entdeckt. Heute höre ich den Vorwurf, dass die Hotelangestellten im Ausland freundlicher seien als jene in Schweizer Hotels, nicht mehr.

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