Die Tourismuspolitik des Bundes wird stärker auf die nachhaltige Entwicklung ausgerichtet. Das Tourismusland Schweiz soll sich international in möglichst vielen Bereichen als Nachhaltigkeits-Leader positionieren. Dabei nimmt das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco eine chancenorientierte Sicht ein, im Vordergrund steht das Setzen von Anreizen über die Förderinstrumente und nicht der Erlass von Verboten oder Regulierungen.

Tourismus soll nachhaltiger werden

Der Bundesrat hat im November 2021 mit der neuen Tourismusstrategie Leitplanken für die Weiterentwicklung der Tourismuspolitik der Schweiz gelegt. Neu enthält die Tourismuspolitik des Bundes ein explizites Nachhaltigkeitsziel. Damit wird die Tourismuspolitik der Schweiz zukünftig stärker auf die nachhaltige Entwicklung ausgerichtet. Das Nachhaltigkeitsverständnis in der Tourismuspolitik des Bundes betrifft alle drei Elemente: wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit. Demzufolge soll sich die Schweizer Tourismuswirtschaft ökonomisch erfolgreich entwickeln können und gleichzeitig verantwortlich mit der Umwelt umgehen. Zudem soll sie ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und krisenfester werden. Wichtige Schalthebel dafür sind etwa die Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität sowie der ökologischen Ressourceneffizienz. Die Tourismuspolitik des Bundes setzt dabei ihrerseits einen Schwerpunkt bei der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit und unterstützt prioritär die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Tourismusakteure.

Bundeshaus in Bern
Neu enthält die Tourismuspolitik des Bundes ein explizites Nachhaltigkeitsziel. © iStock

Nachhaltige Entwicklung

Konkret bedeutet die verstärkte Nachhaltigkeitsorientierung vor allem zwei Dinge: Erstens soll sich das Tourismusland Schweiz international als Nachhaltigkeitsleader positionieren – und zwar in möglichst vielen Bereichen. Deshalb will man künftig erheben, wie die Gäste die Schweiz als nachhaltige Destination wahrnehmen. Gleichzeitig sollen internationale Nachhaltigkeits-Rankings in die Beurteilung mit einbezogen werden. Zweitens soll die Tourismuspolitik einen Beitrag zur übergeordneten Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundes («SNE 2030») leisten. Diese hat der Bundesrat im Juni 2021 verabschiedet. Damit verbunden, soll die Tourismuspolitik der Schweiz auch zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der UNO (Sustainable Development Goals, SDG) beitragen. Die Tourismuspolitik kann dabei insbesondere zu drei Schwerpunktthemen der SNE 2030 einen Beitrag leisten: «Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion», «Klima, Energie, Biodiversität» und «Chancengleichheit». Letzteres bedeutet unter anderem, dass die Barrierefreiheit der touristischen Angebote verbessert und diese so besser zugänglicher werden für Menschen mit Behinderung.

Anreize statt Verbote

Zum Erreichen der tourismuspolitischen Nachhaltigkeitsziele setzt das Seco auf eine chancenorientierte Sicht. Im Fokus stehen sollen Anreize und nicht Verbote und Regulierungen. Dabei denkt das Seco weniger in Endzielen, sondern in Prozessen in der Erwartung, dass der Ambitionierungsgrad mit sichtbaren Resultaten in Richtung mehr Nachhaltigkeit ansteigen wird. Es geht also nicht um die Nachhaltigkeit als zu erreichenden Zustand, sondern vielmehr darum, uns ambitioniert und gleichzeitig realistisch in eine nachhaltige Richtung zu bewegen. Als weiteres wichtiges Prinzip setzt das Seco auf eine partnerschaftliche Umsetzung und die Vernetzung zwischen den Akteuren – denn nur gemeinsam lassen sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele erreichen. Gute Beispiele für diesen partnerschaftlichen Ansatz sind das von Schweiz Tourismus lancierte, und nun vom Schweizerischen-Tourismus Verband STV übernommene, Nachhaltigkeitsprogramm Swisstainable sowie der ebenfalls beim STV laufende Aufbau eines Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit (KONA). Beide Initiativen werden vom Seco über das Innovationsförderinstrument Innotour massgeblich unterstützt.

Nachhaltiger Tourismus
Zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele braucht es ein stärkeres Engagement aller – öffentlicher und privater – Akteure. © iStock

Auswirkungen auf Tourismusförderung

Damit die tourismuspolitischen Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können, sind insbesondere die vier Förderinstrumente des Bundes von zentraler Bedeutung: die nationale Marketingorganisation Schweiz Tourismus, die vom Bund finanzierte Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH), das bereits erwähnte Innovationsförderprogramm Innotour und die Neue Regionalpolitik (NRP), mit der Bund und Kantone die regionalwirtschaftliche Entwicklung unterstützen. Die bundesnahen Organisationen Schweiz Tourismus und SGH, die beide vom Seco beaufsichtigt werden, entwickeln oder verfügen bereits über eigene Nachhaltigkeitsstrategien. Bei Innotour und der NRP erarbeitet das Seco Nachhaltigkeitskonzepte – bei der NRP werden dazu auch die Kantone mit einbezogen.

Abgestützt auf Förderauftrag

Dieses dezentrale Vorgehen stellt sicher, dass die Nachhaltigkeitsbestrebungen bei allen vier Förderinstrumenten jeweils abgestützt auf ihren Förderauftrag und ihre gesetzliche Grundlagen erfolgen. So stehen etwa bei Schweiz Tourismus im Tourismusmarketing neben dem erwähnten Nachhaltigkeitsprogramm Swisstainable drei weitere Hebel für eine nachhaltige Entwicklung des Tourismuslandes Schweiz im Fokus. Einerseits versucht Schweiz Tourismus mit seiner Werbung die Gästeströme über die ganze Schweiz zu verteilen, andererseits fördert Schweiz Tourismus den Ganzjahrestourismus. Das heisst: Touristen sollen nicht nur im Winter und im Sommer in die Schweiz reisen, sondern ebenso in den Nebensaisons. Zudem fördert Schweiz Tourismus die Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Gäste, um insbesondere bei Gästen aus Fernmärkten die CO2-Bilanz pro Übernachtung zu verbessern.

Nachhaltiger Tourismus
Touristen sollen nicht nur im Winter und im Sommer in die Schweiz reisen, sondern ebenso in den Nebensaisons. © Flughafen Zürich AG

Nachhaltigkeit geht alle an

Zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele braucht es ein stärkeres Engagement aller – öffentlicher und privater – Akteure. Aktuell verfügen gut 1100 touristische Betriebe und Organisationen über das Swisstainable Nachhaltigkeitslabel und bis Ende 2024 sollen 4000 Auszeichnungen erreicht werden. Das ist ermutigend, aber erst der Anfang. Die Ambitionen und Zielsetzungen sind schrittweise zu erhöhen, aufbauend auf den bereits erreichten Resultaten. Nur so wird sich beispielsweise das langfristige Ziel eines klimaneutralen Schweizer Tourismussektors bis 2050 erreichen lassen.

Ein Text von Richard Kämpf, Leiter Ressort Tourismuspolitik
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO