Die Kongresshaus Zürich AG hat turbulente Zeiten hinter sich. Im Juli 2017 schloss das altehrwürdige Kongresshaus seine Türen und die Umbau- und Sanierungsarbeiten begannen. Allerdings dauerten sie länger als geplant; aus den geplanten drei Jahre wurden vier. Und während des Umbaus kam es zu unerwarteten Kostenüberschreitungen, worauf der Zürcher Gemeinderat zu den gesprochenen 165 Millionen Franken einen zusätzlichen Kredit von 13 Millionen bewilligte. Als Bauherrin war die Kongresshaus Stiftung Zürich für die Planungsphase sowie den Umbau verantwortlich. In der Tat ist das geschäftliche Konstrukt im Zürcher Kongresshaus nicht gerade simpel: Eigentümerin ist die Kongresshaus-Stiftung, die ihrerseits die Räume und Zuständigkeiten den zwei Mieterinnen übergibt. Sprich: Für den Tonhallen-Bereich ist die Tonhalle-Gesellschaft Zürich AG zuständig, für die Vermietung der Kongressräume und den Unterhalt ist es die Kongresshaus Zürich AG. Da die Stiftung ihrerseits Schulden angehäuft hatte, wurde sie im Rahmen des Gebäudeumbaus entschuldet.

Kongresshaus Zürich Konzertfoyer
Edel: Das Konzertfoyer. © Kongresshaus Zürich AG

Fehlendes Polster

Als die aufwändigen Sanierungsarbeiten endlich zu Ende waren, machte die Coronakrise der Wiedereröffnung einen Strich durch die Rechnung. Da die finanziellen Reserven der Kongresshaus Zürich AG durch den verzögerten Umbau bereits stark beansprucht wurde, fehlten ihr die Mittel, um die pandemisch bedingten Umsatzausfälle zu kompensieren. Zu allem Übel konnte auch kein Anspruch auf staatliche Corona-Hilfe geltend gemacht werden, weil in den Umbaujahren – der Berechnungsgrundlage und Voraussetzung für die Pandemie-Hilfsgelder – keine Einnahmen erzielt wurden. Frisch renoviert, finanziell in Schieflage – der Konkurs drohte.

Der Zürcher Stadtrat leistete Soforthilfe und gewährte der Kongresshaus Zürich AG im März 2021 ein verzinsliches Darlehen in der Höhe von 1,9 Millionen Franken. Zudem wurde ein Sanierungsplan erarbeitet, wo nebst dem Darlehen als zweiter Schritt eine Kapitalaufstockung von 4,5 Millionen Franken beschlossen wurde, bei welcher die Stadt Zürich Aktien im Wert von 4’044’900 Franken gezeichnet hatte und eine Aktienbeteiligung von 81,7% eingegangen war. Der bewilligte Kredit wurde somit nicht ausgeschöpft. Als Mehrheitsaktionärin sind auch die Einflussmöglichkeiten der Stadt Zürich auf die weitere Entwicklung grösser. «Der restliche Teil wurde von den AktionärInnen eingeschossen. Mit dieser Kapitalaufstockung waren wir wie geplant in der Lage, das Darlehen von 1,9 Millionen Franken im Dezember 2022 zurückzuzahlen», so CEO Roger Büchel gegenüber Eventemotion.

Kongresssaal
Der Kongresssaal. © Kongresshaus Zürich AG

Entflechtung der Gesellschaften

Kürzlich wurden die Strukturen der Kongresshaus Zürich AG und der Tonhalle Gesellschaft Zürich AG vereinfacht. «In der Vergangenheit haben komplizierte Schnittstellen zwischen den beiden Betrieben bestanden, beispielsweise in der Vermietung von Räumlichkeiten an Gastorchester», erläutert Lukas Wegger, Leiter Kommunikation des Präsidialdepartements Stadt Zürich. «Die nun durchgeführte Aufgabenentflechtung soll die Zusammenarbeit verbessern, und beide Institutionen können sich stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren», so Wegger weiter.

Allerdings ging die Sitzung des Stadtrats im September 2022, an der die Kapitalmassnahme «Harmonika» beschlossen wurde, nicht ganz geräuschlos über die Bühne. Einige Stadträte äusserten die Befürchtung, dass das Engagement für die Stadt ein «Fass ohne Boden» werden könnte. Dies verneint das Departement von Stadtpräsidentin Corine Mauch gegenüber Eventemotion – die Stadt sei überzeugt, dass ein erfolgreicher Weiterbetrieb gelingen werde. «Es gibt gute Gründe, dass sich die öffentliche Hand an Kongressinfrastrukturen beteiligt – im nationalen und internationalen Vergleich zeigt sich, dass solche Beteiligungen eher die Regel als die Ausnahme sind», sagt Wegger. Man kann sich derweil die Frage stellen, wie attraktiv ein Kongressort, der sich unter «Kontrolle» der Stadtregierung befindet, bei einem allfälligen Aktienverkauf wäre.

Rekordumsätze nach Omikron

Nichtsdestotrotz sieht es danach aus, als hätte die Kongresshaus Zürich AG doch noch die Kurve gekriegt: «Nachdem die Omikron-Welle unser Geschäft bis März 2022 quasi zum Erliegen gebracht hatte, haben wir im zweiten, dritten und vierten Quartal 2022 Rekordumsätze geschrieben.» Auch für 2023 und darüber hinaus zeigt sich Roger Büchel optimistisch: Die Auftragslage sei erfreulich. Dies ist alles andere als selbstverständlich, schliesslich kriegte die «alte Dame» Kongresshaus in den vergangenen Jahren mächtig Konkurrenz – mit dem «Circle» am Flughafen Zürich, der «Hall» oder auch dem neuen ZSC-Stadion haben sich neue, moderne Event-Locations etabliert. Und ältere Veranstaltungsorte wie die ABB-Hallen in Oerlikon, die Hotels Dolder und Marriott, Räumlichkeiten im Puls 5 sowie im Casino Lakeside haben ihr Angebot markant verbessert. «Natürlich spüren wir die neue Konkurrenz», gibt Büchel zu, «aber bisher können wir uns in diesem Umfeld gut behaupten.»

Die Terrasse mit Sicht auf den See und die Berge. © Kongresshaus Zürich AG

Ideal für mittelgrosse Kongresse

Derweil haben sich die Kundenbedürfnisse und die Anforderungen an Veranstaltungsorte durch die Pandemie ein wenig geändert, der Trend zeigt eher in Richtung kleinerer Kongresse und Events. Auch hier sieht sich die Kongresshaus Zürich AG gut aufgestellt: Die Flexibilität und Multifunktionalität seien im Rahmen des Umbaus signifikant verbessert worden. «Unsere Gesamtkapazität umfasst 4500 Personen, wenn wir alle Räume gleichzeitig nutzen würden. Der grösste Saal fasst 2000 Personen – also immer noch in einem überschaubaren Rahmen. Und unsere über 20 Räume mit 5300 Quadratmetern Veranstaltungsfläche – und die Säle in der Tonhalle mit über 2000 Quadratmetern Fläche – lassen sich individuell in kleineren Gruppen nutzen», erläutert CEO Roger Büchel.

Gerade für die Grössenordnungen von 1000 bis 2000 Personen sei das Kongresshaus ideal, und die gute Nachfrage bestätige dies. Vergangenes Jahr konnte das Unternehmen die eher noch spärlich gebuchten internationalen Kongresse mit nationalen Veranstaltungen wie Generalversammlungen, Produktpräsentationen, Mitarbeiter- oder Jubiläumsfeiern kompensieren. «Für diese Grössenordnungen existiert eine gute Nachfrage. Ich bin der Meinung, dass sich die Mega-Events nach der Pandemie erst wieder etablieren müssen.» Dies gilt wohl auch für das Kongresshaus selber – doch erfreulicherweise befindet es sich mittlerweile auf dem Weg zurück zum Erfolg.

www.kongresshaus.ch