Christoph Kamber, Präsident der Expo Event Swiss LiveCom Association ist überzeugt: «Fachkräfte sind und bleiben ein knappes Gut.»

EventEmotion: Vor einem Jahr klagte die Veranstaltungsbranche im Zuge der Corona-Pandemie über Umsatzeinbussen und Fachkräftemangel. Wie beurteilen Sie die Situation heute, ist eine Trendwende spürbar?

Christoph Kamber: Die Zahlen unserer neusten Umfrage, die wir von Expo Event Swiss LiveCom Association zusammen mit Tectum, dem Schweizer Verband der Festzeltbauer und temporärer Bauten in Auftrag gegeben haben, zeigen, dass sich der Veranstaltungssektor langsam von der Pandemie erholt. Zwar sind die Umsatz- und Gewinnprognosen trotz signifikanter Erhöhung noch nicht auf Vor-Pandemie-Niveau, stimmen uns aber nichtsdestotrotz optimistisch für die Zukunft.

Wie weit hat sich die «Zwangspause» auf die Art respektive das Format der Veranstaltungen ausgewirkt?

Pandemiebedingt erlebten digitale Veranstaltungen einen regelrechten Boom, der sich heute allerdings wieder etwas relativiert. Während der Pandemie voreilig totgesagte Live-Formate sind wieder auferstanden und erfreuen sich einem grossen Zuspruch beim Publikum. Im vergangenen Jahr wurden die Umsätze der befragten Unternehmen durchschnittlich zwischen 80 bis zu 100 Prozent durch physische Veranstaltungen erwirtschaftet, während der übrige Umsatz zu gleichen Teilen aus hybriden und digitalen Veranstaltungen stammt. Das lässt darauf schliessen, dass Live-Veranstaltungen weiterhin vom Markt bevorzugt werden, auch wenn die digitalen Formate nicht mehr wegzudenken sind und in Zukunft weiterhin eine wichtige Rolle spielen werden. Gewisse digitale oder hybride Umsetzungen sind gekommen, um zu bleiben. Insofern ist das für unsere Branche eine Erweiterung des Angebotes und somit durchaus positiv.

Christoph Kamber, Präsident der Expo Event Swiss LiveCom Association
Für Expo Event-Präsident Christoph Kamber ist klar: «Unternehmer sind gut beraten, wenn sie attraktive Praktikums-und Ausbildungsplätze schaffen.» © Expo Event

Fokussieren wir uns auf die Personalsituation. Hat die Krise dazu geführt, dass Fachkräfte abgewandert sind?

Ja, dem ist leider so. Während der Pandemie haben sich viele Beschäftigte in der Veranstaltungsbranche ein neues berufliches Tätigkeitsgebiet gesucht. Diese Fachkräfte fehlen uns heute schmerzlich, gerade weil zugleich seit letztem Frühling das Geschäft wieder durch die Decke geht, da zahlreiche Veranstaltende ihre Events nachholen wollen. Früher reichten einige wenige Telefonate oder Mails, um ein Event-Team auf die Beine zu stellen, heute ist das deutlich schwieriger geworden.

Das lässt den Umkehrschluss zu, dass heute der Bedarf an qualifizierten Arbeitnehmenden hoch ist. Können Sie das bestätigen?

Auf alle Fälle – aber das war schon vor der Pandemie so, vielleicht nicht ganz so ausgeprägt. Gut qualifizierte Fachkräfte sind sehr gesucht – nicht nur in der Veranstaltungsbranche. Somit stehen wir hier in Konkurrenz auch mit anderen Branchen.

In welchen Bereichen der Eventbranche zeichnen sich personelle Engpässe ab?

Besonders betroffen ist die Veranstaltungstechnik, aber es fehlt auch an qualifizierten Eventplanern mit Berufserfahrung und an Personal für Cateringunternehmen. Der Kampf um die besten Talente hat aber erst begonnen. Im Hinblick auf die demographische Entwicklung in der Schweiz müssen wir davon ausgehen, dass junge Berufsleute in Zukunft von verschiedenen Industrien umworben werden.

Fachkräfte fehlen in Agenturen
Leere Arbeitsplätze in vielen Agenturen: Es fehlt an qualifizierten Fachkräften. © Shutterstock

Wie beurteilen Sie den Fachkräftemarkt? Glauben Sie, dass die Lücken zeitnah gefüllt werden können?

Die Gesamtanzahl beschäftigter Personen in der Veranstaltungsindustrie hat sich zuletzt wieder leicht erhöht. Trotzdem sorgt der Fachkräftemangel für massiv höhere Lohn- und Rekrutierungsaufwände, die für unsere Verbandsmitglieder nur schwerlich zu stemmen sind. Der Markt ist ausgetrocknet und auch das Rekrutieren in anderen europäischen Ländern ist aufwändiger geworden. Ich befürchte, dass auch im kommenden Sommer die nötigen Fachkräfte ein knappes Gut bleiben werden.

Mit Fachkräften offene Stellen besetzen ist ein Thema, ein anderes ist der Nachwuchsbereich. Wie engagiert sich Ihr Verband diesbezüglich?

Wir haben die innovative Nachwuchs- und Talentkampagne GoBackstage kreiert – ein zukunftsweisendes Konzept, das sich einerseits der Nachwuchsförderung annimmt und andererseits wertvolle Informationen für Quereinsteiger bietet. Herzstück ist eine Lehrstellenbörse, die von einer Vielzahl an Werbematerial und Guidelines flankiert wird. Damit haben wir eine Komplettlösung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Branche geschaffen, welche zu einem festen Bestandteil heranwachsen wird. Wollen wir in Zukunft nicht den Umständen ausgeliefert sein, sind alle Unternehmer gut beraten, wenn sie attraktive Ausbildungs- und Praktikumsplätze schaffen, diese aktiv bewerben und somit mithelfen, den nötigen Nachwuchs zu entwickeln.

Angehende Fachkräfte könnten auch in entsprechenden Fachschulen, beispielsweise in Luzern, Samedan oder Sierre, rekrutiert werden. Besteht eine Zusammenarbeit Ihrer Organisation mit diesen Ausbildungsstätten?

Die Rekrutierung des Personals ist in erster Linie eine Aufgabe der Unternehmer und nicht des Verbandes. Die Ressourcen sind in der Branche bekannt und werden individuell genutzt. Der Verband sorgt dafür, dass die Branche für Neu- und Quereinsteiger attraktiv bleibt. Dazu gehörten insbesondere auch Perspektiven für den beruflichen Werdegang.

Eine Erweiterung des Angebots: Hybride Events. © Shutterstock

Was heisst das konkret?

Wir haben soeben mit der Hochschule Luzern den CAS-Lehrgang «Live Experience und Event Design», abgekürzt LEED, lanciert. Es stärkt und vertieft das Wissen von Beschäftigten in der LiveCom-Branche. Kombiniert man es mit weiteren, passenden CAS-Modulen, kann man auch den Master erreichen.

Mit welcher Ausbildung hat eine jüngere Person heute die besten Voraussetzungen, um in der Event- und Veranstaltungsbranche Fuss zu fassen?

Unsere Branche ist geprägt von Quereinsteigern mit ganz unterschiedlichen Werdegängen. Da es ausser dem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) für Veranstaltungstechniker und Polydesigner keine weiteren klassischen Lehren gibt, liegt es in der Natur der Sache, dass eben Köche, Touristiker, Elektriker, Schreiner, kaufmännische Angestellte und viele weitere Berufsgattungen den Weg in die Veranstaltungsbranche finden. Viele der heutigen Berufsleute in der Branche haben eben diese Hintergründe und sind aus unterschiedlichen Gründen in unsere Branche gewechselt. Ich vermute, dass dies mit dem «Zauber» der Live-Veranstaltungen zu tun hat. Wer diesen einmal erlebt hat, will ihn nicht mehr missen.