Die Olympischen Sommerspiele in Paris oder die UEFA Europameisterschaften 2024: Solche Grossanlässe haben in jüngster Zeit gezeigt, wo die europäischen Eisenbahnsysteme an die Grenzen der Belastbarkeit gelangen. Umso wichtiger ist es für Passagiere, die Kapazitäten und Möglichkeiten der Infrastruktur zu kennen – so können sie ihre nächste Bahnreise effizient planen. Als Hilfestellung für die Gäste hat das Consumer Choice Center darum erneut 50 der verkehrsreichsten Bahnhöfe Europas bewertet. Das CCC berücksichtigte für sein Ranking Faktoren von der Anzahl der Dienstleistungen im Bahnhof über Barrierefreiheit und kostenloses WLAN bis zu nationaler und lokaler Bahnabdeckung und Mitfahrgelegenheiten.

«Geschichte der Widerstandsfähigkeit»

Auch in der fünften Ausgabe des «Europäischen Bahnhofsindex 2024» schwingen nördliche und zentrale Veranstaltungsorte in der Rangliste obenauf. «Zürich bleibt Nummer eins!» steht bereits auf der Titelseite: Mit einem Totalscore von 101 Punkten konnte sich Zürich HB an der Spitze der Rangliste behaupten. Auf Platz zwei folgt ebenfalls ein Schweizer Bahnhof: Bern erreichte insgesamt 94 Punkte und landet damit nur einen halben Punkt vor dem niederländischen Utrecht. Auf den nächsten Plätzen folgen mit dem Gare du Nord, dem Gare de Lyon und dem Gare Montparnasse drei verschiedene Bahnhöfe in Paris. «Für die Top- Anwärter auf unserer Liste zeichnet sich eine Geschichte der Widerstandsfähigkeit ab», schreibt das CCC dazu. Wartezeiten und Verspätungen seien an den Hauptbahnhöfen Zürich und Bern nach wie vor gering: In der Limmatstadt haben nur 6,28 Prozent der Züge Verspätungen von mehr als fünf Minuten, in der Hauptstadt sind es in diesem Bereich sogar nur 1,71 Prozent.

Bern erfüllte die CCC-Kriterien am zweitbesten. © Shutterstock, Keitma

Passagierzahl steigt

Abgesehen von der Einstufung der Bahnhöfe hat das Consumer Choice Center in seiner Studie auch allgemeine Beobachtungen gemacht. So erhöhe sich das Passagieraufkommen weiter, was sich etwa bei Zürich exemplarisch zeige: Im Vergleich zum letzten Index ist die Anzahl Fahrgäste dort von 131,728 Millionen auf 153,154 Millionen gestiegen. Das Schweizer System zeichne sich jedoch durch ein sehr dichtes Netz und einen gesunden, wettbewerbsfähigen Markt mit mehr als 130 privaten Betreibern aus. «Bern und Zürich sind damit optimal aufgestellt, um ihre Kapazitäten auszubauen und dem wachsenden Passagieraufkommen gerecht zu werden», erklärt das CCC. Positiv falle ausserdem auf, dass Ticketarten und Zugänglichkeit in der Studie allgemein besser bewertet wurden. Dies bedeutet, dass Passagiere in den 50 verschiedenen Bahnhöfen jeweils mehr massgeschneiderte Optionen vorfinden.

Schlusslicht Deutschland

Die letzten Ränge der Studie belegen mit Berlin Zoologischer Garten, Bremen und Berlin Ostkreuz drei Deutsche Bahnhöfe. Von 21 deutschen Standorten im Index hat es nur einer in die Top Ten geschafft (Leipzig). Auch hierzu liefert das CCC mehrere Erklärungsansätze. «Manche werfen der Deutschen Bahn vor, sie hätte ihre Strecken und Bahnhöfe schon vor langer Zeit modernisieren müssen und Fehlinvestitionsentscheidungen getroffen. Andere weisen darauf hin, dass das Schienennetz in den letzten drei Jahren um rund 15’000 Kilometer geschrumpft ist, was die bestehenden Knotenpunkte zusätzlich unter Druck setzt», heisst es im Bericht.

Immerhin habe die Deutsche Bahn alleine letztes Jahr 7,6 Milliarden Euro investiert und versprochen, 40 zentrale Strecken und Bahnhofsgebäude zu sanieren. «Künftige Indizes werden in der Lage sein, festzustellen, ob und wann die Bemühungen Früchte tragen.»

Consumer Choice Center

Das Consumer Choice Center (CCC) versteht sich als unabhängige, überparteiliche Interessenvertretung für VerbraucherInnen in über 100 Ländern weltweit. Es will sich für intelligente, wachstumsfördernde Massnahmen einsetzen und die Wahlfreiheit beim Lebensstil fördern. Dafür betreibt das Center mit Sitz in Washington DC einerseits Forschung und leistet andererseits Bildungsarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und der breiten Öffentlichkeit.