«Das Entscheidende bleibt der Mensch»
KI verändert das Leben grundlegend – auch die Art, wie Geschäftsreisen und Events geplant werden. Sarah Levy von der KI Plattform der Swisscom über Chancen und Herausforderungen Künstlicher Intelligenz.

KI verändert das Leben grundlegend – auch die Art, wie Geschäftsreisen und Events geplant werden. Sarah Levy von der KI Plattform der Swisscom über Chancen und Herausforderungen Künstlicher Intelligenz.

Zurzeit werden Geschäftsreisen meist über klassische Buchungsportale oder TMC-Plattformen geplant. KI ist dort erst punktuell sichtbar, zum Beispiel im Sinne von einfachen Empfehlungen oder automatisierten Spesen-Schritten. Vieles geschieht noch manuell. Dabei wäre viel mehr möglich mit KI als Co-Piloten bei der Buchung: KI gibt Richtlinien- und budgetkonforme Vorschläge, begründet und personalisiert, also berücksichtigt zum Beispiel individuelle CO₂-Grenzen. Unterwegs gibt KI-Echtzeit-Hinweise zu Störungen und macht bei Bedarf Vorschläge für Umbuchungen inklusive Transfers. Nach der Reise kann KI etwa mit vorbefüllten Spesenformularen oder CO₂-Reports helfen.
Der Trend geht vom Assistenten zum Agenten. Letztere handeln proaktiv: Sie halten Optionen, holen Freigaben ein, buchen bei Verspätung automatisch um, aktualisieren Kalender und schliessen Spesen regelkonform ab. Die Zukunft gehört KI-Agenten, die nicht nur beraten, sondern handeln. Im Shopping zeigt sich das bereits: In den USA hat Perplexity einen Shopping-Agenten lanciert, der Bestellungen über tausende Händler direkt abwickelt – Suchmaschinen oder Plattformen werden damit praktisch überflüssig. Übertragen auf Geschäftsreisen heisst das: «Meeting nächste Woche in Genf» – und der Agent bucht selbständig Reise und Hotel. Nicht mehr der Mensch sucht und prüft: Ein vertrauenswürdiger Agent handelt souverän und zuverlässig im Hintergrund.
Die MICE-Branche tastet sich gerade Schritt für Schritt an Künstliche Intelligenz heran. Erste Tools sind im Einsatz, etwa Chatbots für FAQs oder automatische Übersetzungen. Doch der wirklich grosse Hebel liegt in Anwendungen, die Effizienz und Erlebnisqualität gleichzeitig steigern. Drei Felder sehe ich dabei als besonders zukunftsweisend.

Erstens: Prognosen und Besucherstrom-Management. Mit KI lassen sich Teilnehmerzahlen präziser vorhersagen – nicht nur aus Anmeldedaten, sondern auch unter Einbezug externer Faktoren wie Saison, Wetter oder Mobilitätsdaten. So können Veranstalter optimal planen, Engpässe vermeiden und Ressourcen nachhaltiger einsetzen. Zweitens: Mehrsprachige KI-Assistenten – und bald Agenten. Heute sehen wir erste KI-Assistenten, die Teilnehmerfragen beantworten oder Agenden personalisieren. Der nächste Schritt sind Agenten, die eigenständig Aktionen ausführen – solche Agenten verändern das Eventerlebnis grundlegend: Teilnehmende müssen weniger selbst organisieren, und Veranstalter können Services stark personalisieren, ohne zusätzliche Kosten im Support. Und Drittens: Feedback- Analysen & Optimierung. Nach einem Event liegt oft eine Flut von Feedback, Social-Media-Posts und Umfragen vor. KI kann diese Daten automatisch auswerten, Stimmungen erkennen und Trends aufzeigen.
Ein gutes Beispiel war die Dreamforce-Konferenz von Salesforce in San Francisco: Dort erhielten Teilnehmende über die Event-App massgeschneiderte Session-Empfehlungen, basierend auf ihrem Profil, bisherigen Klicks und Interessen. Gleichzeitig schlug die KI passende Networking-Kontakte vor, sodass sich viele gezielt mit den richtigen Menschen vernetzen konnten. Die Teilnehmenden berichteten, dass sie sich durch die personalisierten Agenden besser abgeholt fühlten, weniger Zeit mit Suchen verbrachten und mehr wertvolle Kontakte knüpfen konnten.
Diese liegen weniger in der Technik selbst, sondern im vertrauensvollen Umgang mit ihr. Erstens spielt der Datenschutz eine zentrale Rolle: Reise- und Eventdaten sind hochsensibel und müssen absolut sicher verarbeitet werden. Zweitens besteht die Gefahr von Bias und falschen Empfehlungen, wenn KIModelle nicht sorgfältig ausgewählt, überprüft oder angepasst werden. Drittens ist es wichtig, die Erwartungen realistisch zu halten – KI kann viel, doch das Entscheidende bleibt das Menschliche, die Begegnung vor Ort, das Vertrauen zwischen Geschäftspartnern. KI nimmt uns die operative Arbeit ab, damit wir mehr Zeit und Energie für die zwischenmenschlichen Momente haben – die auch in Zukunft das Herz jeder Geschäftsreise bleiben werden.

Sarah Levy ist Head Swiss AI Platform von Swisscom – der ersten und umfangreichen KI-Plattform mit Datenspeicherung und -verarbeitung ausschliesslich in der Schweiz. «Mit der Swiss AI Platform können Unternehmen eigene KI-Anwendungen entwickeln oder betreiben und zugleich – wenn gewünscht – auf unsere Begleitung zählen: von der ersten Idee über Prototypen bis zur erfolgreichen Implementierung im Alltag», sagt Sarah Levy.
Mehr Informationen: www.swisscom.ch
