BCD Travel hat acht Trends identifiziert, die 2022 für Travel Manager und Reisende von Bedeutung sein werden. Doch auch Unternehmen sind gefordert: Die Zeiten der starren Beschäftigungspolitik für Büroangestellte seien endgültig vorbei.

Seit über zwei Jahren hat uns das Coronavirus im Würgegriff. Die Einschränkungen, welche mit der Bewältigung der Pandemie einhergehen, haben die gesamte Reisebranche in ihren Grundfesten erschüttert und auf eine harte Probe gestellt. Erheblichen Schaden erlitten auch die Geschäftsreisen – nicht nur aufgrund der Reiseeinschränken und realen Gefahren einer Ansteckung der Travel Manager, sondern schlicht auch deshalb, weil Planbarkeit in Krisenzeiten nur bedingt möglich ist. Sogar die Auswirkungen von 9/11 erscheinen im Vergleich mit jenen der Pandemie als nicht ganz so gravierend.

Jahre der Reflexion
Nun steuern wir ins dritte Corona-Jahr. Trotz Omikron und neuen Varianten gibt es allmählich Grund zur Hoffnung, dass wir uns zaghaft der Überwindung der Krise nähern. Was keineswegs heissen soll, dass alles so sein wird wie vor der Pandemie – gerade auch in Bezug auf Geschäftsreisen. Vielmehr werden wir lernen, mit dem Virus zu leben; auch wenn dies bedeutet, dass sich der Reiseverkehr mittelfristig nach wie vor als kompliziert erweisen wird, aufwändig und zeitintensiv. Dennoch waren die vergangenen letzten Jahre auch eine der Reflexion, die zu einer Neuausrichtung und zu neuen Prioritäten in der Geschäftsreisebranche geführt hat. Viele Praktiken, die Geschäftsreiseanbieter in Zeiten der Krise entwickelt haben, werden zweifellos fortbestehen.

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Kombination aus Geschäfts- und Freizeitreisen
«Unternehmen betrachten Geschäftsreisen zunehmend als Investitionen, die mit ihren Werten, Aufgaben und Zielen verbunden sind», so Amy Dalton, Senior Voice President BCD Travel Americas. Die Rückbesinnung auf das Reisen umfasse eine Neubewertung des Zwecks, der Wert einer Geschäftsreisen werde grundsätzlich überdenkt und die Bereitstellung der richtigen Ressourcen sei essentiell. Kathy Jackson, Vice President Executive Chair Sustainbility BCD Travel, ergänzt: «Der Fokus auf Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Diese Bemühungen gehen über das Offensichtliche wie virtuelle Meetings oder alternative  Reisemöglichkeiten hinaus; wir stellen auch ein zunehmendes Interesse an Bleisure-Reisen fest, einer Kombination aus Geschäfts- und Freizeitreisen, um den CO2- Fussabdruck zu reduzieren.» Dementsprechend müssen Firmenreiseprogramme an die von der Pandemie hervorgerufenen neuen Arbeitsweisen angepasst werden.

Unternehmen müssen sich an Mitarbeiter anpassen
Und die Arbeitgeber sind diesbezüglich gefordert: Die Zeiten der starren Beschäftigungspolitik für Büroangestellte seien endgültig vorbei, konstatiert Natalia Tretyakevich, Senior Manager Research & Intelligence BCD Travel. Home Office und Fernarbeit seien die neue Realität: «Die Unternehmen müssen ihre Arbeitsplatzpolitik an die Bedürfnisse von digitalen Nomaden und hybriden Mitarbeiter anpassen und sie auf der Agenda des Personalrisikomanagements setzen.» In einer BCD-Umfrage gaben 85 % der Travel Manager an, dass sie  künftig ein Mix von Büroarbeit und Home Office bevorzugen – und lediglich 10 % wollen wieder permanent im Büro arbeiten. Langfristig gesehen ist es matchentscheidend, gute und hochqualifizierte Arbeitskräfte an sich zu binden. Hierfür müssen die Unternehmen ihre Hausaufgaben machen. Insgesamt hat BCD Travel acht Trends identifiziert, die 2022 für Travel Manager und Reisende von Bedeutung sein werden:

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1. Der Wert von Geschäftsreisen ändert sich
Nach einer Zeit, in der kaum wurde, überdenken Unternehmen den Wert von Geschäftsreisen grundlegend. MitarbeiterInnen schätzen Reisen wegen der Möglichkeiten, die sich durch persönliche Treffen mit KollegInnen, KundInnen und GeschäftspartnerInnen ergeben. Aber Firmenreiseprogramme müssen an die von der Pandemie hervorgerufenen neuen Arbeitsweisen angepasst werden u.a. auch, um die richtige Balance zwischen virtuellen und persönlichen Treffen zu finden.

2. Umweltverträgliches Reisen gewinnt an Bedeutung
Nicht erst die UN-Klimakonferenz 2021 rückte Klimawandel und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt des weltweiten Interesses. Immer mehr Länder und Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie die International Air Transport Association (IATA) verpflichten sich zu einer Netto-Null-Zukunft. Somit wächst der Druck für alle. Unternehmen setzen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander und Travel ManagerInnen suchen nach Möglichkeiten, den CO2-Fussabdruck ihres Geschäftsreiseprogramms zu verringern.

3. Neue Erwartungen erfordern veränderte Richtlinien
Die Zeiten starrer Beschäftigungspolitik für Büroangestellte sind vorbei. Der Übergang zur Telearbeit verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten und reisen, rapide. Unternehmen müssen ihre Arbeitsplatzpolitik an die Bedürfnisse digitaler NomadInnen und hybrider ArbeitnehmerInnen anpassen und sie fest in ihre Agenda in Sachen People Risk Management integrieren. Angesichts des zunehmenden Interesses der Arbeitnehmer an Home Office und einem Wechsel des Arbeitsortes stehen die Unternehmen unter Druck, flexibles Arbeiten zu ermöglichen. Die Arbeitgeber können von einer erhöhten Arbeitskräftemobilität profitieren, die dazu beiträgt, die Arbeitskräfte an verschiedenen Standorten einzusetzen. Um eine hybride Belegschaft zu managen, müssen Unternehmen aber ihre Hausaufgaben machen – nur wenige Organisationen haben derzeit eine offizielle Politik für digitale Nomaden, auch wenn die Arbeit an die rechtlichen und regulatorischen Risiken und die Vermeidung von steuerlichen Fallstricke entscheidend sind.

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4. People Risk Management geht über Geschäftsreisen hinaus
Die Zunahme von Tele- und Hybridarbeit verlangt von den Unternehmen, dass sie ihre Fürsorgepflicht gegenüber MitarbeiterInnen immer dann wahrnehmen, wenn sie nicht im Büro sind, und das nicht nur auf Geschäftsreisen. Vorausschauende Unternehmen gehen von Travel Risk Management zu People Risk Management über. Sie erkennen, dass es nicht mehr nur darum geht, die Sicherheit ihrer Reisenden, sondern aller MitarbeiterInnen zu gewährleisten, egal wo sie sich aufhalten.

5. Ein breiteres Spektrum an Risiken
Die Risiken im Zusammenhang mit einer weltweiten Pandemie haben die Menschen fast zwei Jahre lang beschäftigt. Wenn die Reisetätigkeit wieder zunimmt ist es wichtig, auch andere Risiken auf dem Radar zu haben, denen Travel ManagerInnen und ihre Reisenden ausgesetzt sein können. Dazu gehören z. B. extreme Wetterereignisse, Terrorismus, wirtschaftliche Risiken und Angriffe auf die Cybersicherheit. Unternehmen müssen ihr Risikomanagementprogramm für Geschäftsreisen überprüfen, um die Sicherheit ihrer MitarbeiterInnen unterwegs zu gewährleisten. Das Traveler Security Program Assessment von BCD überprüft die Wirksamkeit der Praktiken und Richtlinien der Fürsorgepflicht von Unternehmen bezogen auf heutige Reiserisiken.

6. Grundlegende Cybersicherheit
Cyberbedrohungen nehmen weiter zu, ebenso wie ihre potenziellen Auswirkungen. Viele Travel Manager haben die Bedeutung der Cybersicherheit bereits erkannt und stellen sie in den Vordergrund der Partnerschaft mit ihrem Geschäftsreiseanbieter. Aber sie müssen auch ihr Unternehmen und ihre Reisenden vor Cyberbedrohungen schützen. Der erste Schritt besteht darin, diese als ein tägliches Risiko für die Reisebranche zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen. Vorbeugende oder die Auswirkungen minimierende Massnahmen zahlen sich mehr aus als die blosse Reaktion auf bereits eingetretene Vorfälle. Zweitens: Oftmals sind MitarbeiterInnen die Schwachstelle. Daher ist es sehr empfehlenswert, Reisende angemessen zu schulen und die richtigen Vorsichtsmassnahmen treffen, wenn sie eine Geschäftsreise antreten. Drittens; Reisende müssen davon ausgehen, dass sie mehr denn je im Mittelpunkt der Cybersicherheit stehen. Etliche Präventivmassnahmen sollten deshalb zur Gewohnheit werden. Die Liste ist lang und wird immer länger, aber es gibt viele simple Massnahmen, die man ergreifen kann, um Cyber-Betrug zu vermeiden – zum Beispiel niemals öffentliche, kostenlose WIFI-Hotspots verwenden.

7. Die Globalisierung nimmt ab
Die Globalisierung hat in den letzten 20 bis 30 Jahren viele Vorteile gebracht. Politische Unruhen, veränderte Verbraucherwerte und -kosten sowie Lieferkettenprobleme zwingen jedoch zum Umdenken. Unternehmen gehen von einem konsolidierten zu einem diversifizierteren Ansatz bei Lieferung, Produktion und Verbrauch über und suchen nach Möglichkeiten, ihre Produktion wieder näher an den Ort des Verbrauchs zu rücken. Geschäftsreisemuster könnten sich dadurch ändern. Im Zuge dieser Umstellung können Travel ManagerInnen das Beste aus beiden Welten nutzen, indem sie Geschäftsreiseanbieter mit globalen Netzwerken auswählen, die durch lokale Niederlassungen unterstützt werden und dadurch Fachwissen bezüglich spezifischer Bedürfnisse von MitarbeiterInnen in unterschiedlichen Märkten bieten.

8. FinTech im Fokus
Eine Umfrage von BCD unter EinkäuferInnen von Geschäftsreisen hat ergeben, dass Payment und Expense zu den grössten Problemen beim Management von Geschäftsreisen gehören. Die Einführung von FinTech-basierten Lösungen kann dazu beitragen, Zahlungen, den Rechnungsabgleich und das Rechnungsmanagement von Geschäftsreisen zu vereinfachen, zu digitalisieren und zu automatisieren. Geschäftsreisende, Travel ManagerInnen und Finanzteams können gemeinsam von den Vorteilen einer reibungslosen, digitalen Zahlungsabwicklung profitieren – von der Reisebuchung über die Bezahlung bis hin zum Zahlungsabgleich.

Neue Prioritäten
Wer also als Unternehmen in der neuen Geschäftsreise-Realität bestehen will, muss sich bewegen und die Prioritäten neu setzen. Das Verharren in bestehenden Muster wird zwangsläufig zum Scheitern verurteilt sein. Zudem wird das Reisen künftig generell nicht mehr so einfach sein wie früher. Und Reisende werden aufgrund dieser Komplexität vermehrt zusätzliche Unterstützung von Reisemanagern benötigen – allenfalls noch für eine lange Zeit. Natürlich ist diese Entwicklung für die Geschäftsreiseanbieter auch eine riesige Chance. Sofern sie denn ihr hochqualifiziertes Personal halten können, denn die Anforderungen der Mitarbeiter hat sich grundlegend geändert – Stichwort hybrides Arbeiten, Kombination von Freizeit- und Geschäftsreisen und Home Office.

Blick in die Kristallkugel
Eine vollständige Impfung – sei dies nun die dritte oder vierte – könnte aber durchaus zu einer Bedingung für Reisen nach einer Pandemie werden. Da der «Gesundheitsausweis» auch dazu dient, den Behörden die Identität des Nutzers zu bestätigen, sodass er sich quasi als digitale globale Identitätsplattform etablieren würde. Der Aufschrei impfkritischer Bürger wäre derweil gewiss, und dies würde mit Bestimmtheit noch zu hitzigen Diskussionen führen – auf politischer Ebene, wie auch in der Gesellschaft. Dass wieder alles so sein wird wie vor der Pandemie, ist derweil wohl eher Wunschdenken.
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